Sport ein Medikament gegen Brustkrebs?
Präsident Univ.-Prof. Dr. Christian Marth

Zur Zeit von Ötzi hatten die Menschen einen Aktionsradius von etwa 40 km. Heute reden wir von Glück wenn wir uns mehr als 400 m fortbewegen. Offensichtlich haben sich unsere Gewohnheiten stark verändert und das bedeutet auch deutliche gesundheitliche Veränderungen.
Es ist allen bekannt, dass durch regelmäßigen Sport unser Herz-Kreislauf-System unterstützt werden kann und wir gesünder älter werden können. Weniger bekannt ist, dass Sport auch Krebskrankheiten beeinflussen kann. Z.B. sinkt das Risiko an Dickdarmkrebs zu erkranken bei regelmäßiger sportlicher Aktivität um ein Viertel. Über 200 Publikationen belegen, dass Frauen, die regelmäßig Sport treiben seltener an Brustkrebs erkranken. Z.B. wurde beobachtet, dass Athletinnen und Leistungssportlerinnen deutlich seltener an Brustkrebs erkranken. Bei mehr als 4 Stunden Ausdauersport pro Woche kann das Erkrankungsrisiko ca. um die Hälfte reduziert werden.
Aber neben der Erkrankungswahrscheinlichkeit wird auch die Bewältigung der Erkrankung deutlich verbessert. Durch Sport und Gymnastik kann das Risiko für einen Lymphstau (Lymphödem) reduziert werden. Bei der vor allem auch durch Chemotherapie ausgelösten Müdigkeit ist Sport die effektivste Interventionsmöglichkeit. Die körperliche Leistungsfähigkeit nimmt zu und Erschöpfungszustände oder depressive Verstimmungen gehen zurück. Krebspatient:innen, die sich regelmäßig bewegen, schlafen auch besser und unterstützen ihr Immunsystem. Nur in wenigen Situationen, wie z.B. bei fieberhaften Infekten, sollten anstrengende Tätigkeiten vermieden werden.
Ist eine Behandlung einmal erfolgreich abgeschlossen, sind Sport und Bewegung weiterhin wichtig, um ein Wiederauftreten des Krebstumors zu verhindern oder zumindest zu verlangsamen. Bei einer Reihe von Krebserkrankungen, etwa bei Brust-, Darm- oder Blasenkrebs haben Studien gezeigt, dass regelmäßiger Sport die Rückfallrate um 30 Prozent reduziert werden kann. Wichtig ist, dass es bei der sportlichen Aktivität zu einer moderaten Erhöhung der Pulsfrequenz kommt, aber es soll höchstens 70 % der eigenen maximalen Leistungsfähigkeit angestrebt werden. Krebspatientinnen sollten sich auch nicht scheuen, für das Krafttraining Hanteln zu verwenden oder in ein Fitnessstudio mit professioneller Beratung zu gehen: Hier wird die Trainingsintensität nach der momentanen Leistungsfähigkeit ermittelt. Ein individuell erstellter Trainingsplan fördert zudem die Motivation, denn für alle Sporteinsteigerinnen gilt: Wer die eigenen Fortschritte sichtbar macht – z.B. durch ein Trainingstagebuch – bleibt längerfristig motiviert zum Training. Krafttraining ist besonders zur Vorbeugung der Osteoporose wichtig, die eine häufige Nebenwirkung der Hormontherapie bei Brustkrebspatientinnen ist. Nicht zuletzt werden auch die Lebensqualität und Lebensfreude durch Aktivitäten wie Walking, Tanz, Aerobic oder Radfahren verbessert.
Sport ist also das billigste Medikament, das effektiv vor Brustkrebserkrankungen und Rückfällen schützt.